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eine doppelte Rolle und nöthigt

als zweideutigen Spiele mitzu as Mädchen in seinem mehr

Sie muss Hamlet abweisen, ihm Geschenke und Briefe, die sie von ihm erhalten, zurückgeben. Die Scene, da Hamlet eben seinen grossen Monolog gehalten und dann Ophelia trifft, ist eine der rührendsten in dem ganzen Stücke. Eben mit den schwermüthigsten Gedanken beschäftigt, die ihn über Zeit und Ewigkeit wegtragen, sinnend,. wie der Mensch der Leiden dieses Lebens ledig werden könne, und zu der Ueberzeugung gelangt, dass uns das Denken, das Reflectiren über die Folgen unserer Handlungen vom Handeln abhält, da bemerkt er Ophelia, das reizende Mädchen, das er einst geliebt, jetzt aber, da düstere Ereignisse seinen heiteren Sinn umflorten, aufgegeben und vernachlässigt hat, und es durchbebt ihn noch einmal das zarte Gefühl der Zuneigung. Auf des Polonius Befehl musste sie sich an diesen Ort begeben, damit Hamlet

König und Polo Wie von ungefähr dort treffe, während der

König und Polonius das Gespräch belauschten. Um sich das Ansehen frommer Uebung zu geben, soll sie auch in ein Gebetbuch blicken zu solcher Comödie musste sich die arglose Jungfrau gebrauchen lassen. Mit einem Blicke durchschaut Hamlet die Absicht und ist verstimmt. Da nimmt er denn sofort den verstellten Wahnsinn'' an und begegnet dem lieblichen Wesen mit dem bittersten, beissendsten Hohn. Es wird hierdurch vollkommen

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verschierklärlich, warum er vor dem Schauspiele der Ophelia

verschiedene anstössige Redensarten sagt; bitterer Hohn über die schnöde Verletzung des zartesten Gefühls drängen ihn unaufhaltsam dazu.'

Im vierten Acte erscheint Ophelia als Wahnsinnige und es entsteht die Frage, wodurch sie in diesen beklagenswerthen Zustand versetzt wird. Ihr ist der Vater gemordet, von ihrem Geliebten gemordet, und dieser, ihrer Meinung nach, dem Wahnsinn verfallen. Ist hier wirklich Grund, um den Wahnsinn der Ophelia zu motiviren? Ueberall, wo das Mädchen auftritt, zeigt es sich lediglich passiv und von geringer Erregung. Wenn ihr der Bruder Hamlet's Liebe als eine blosse Tändelei vorstellt, nimmt sie es gelassen hin; wenn ihr der Vater jeden Verkehr mit Hamlet verbietet, verspricht sie willigen Gehorsam. Auf eine tiefgreifende Leidenschaft lässt sich bei ihr nirgends schliessen. Kaum scheint es möglich, ihren Wahnsinn durch diese Ereignisse zu rechtfertigen: denn a Ende ist es Naturregel, dass die Eltern vor den Kindern sterben, und wenn der gewaltsame, unnatürliche Tod et als stärkerer Grund sollte angeführt werden können, so verkümmert denn doch das imbecile Wesen des Alten um Vieles den Eindruck, den sein Tod auf die Tochter sonst möglicher Weise hätte machen können.

etwa

Wäre ihre Liebe

zu Hamlet irgendwo als eine tiefe und innige hervorgetreten, so könnte man diese, bei der sonderbaren Verwickelung der Umstände, als hinreichendes Motiv annehmen; bei Ophelia's Naturel ist es nicht wohl möglich. Einige Erklärer (z. B. Flathe) haben daher in Ophelia ein besonders starkes Streben nach dem Königsthrone angenommen; da durch die eingetretenen Umstände ihr die Hoffnung darauf genommen worden, so habe das ihren Geist zerrüttet. Es handelt sich also um Kummer wegen des Todten, Liebe oder Ehrgeiz. Da die geistige Störung so sehr von der ganzen Körperconstitution mit abhängt, Shakspeare uns aber die Ophelia nur in wenigen Zügen gezeichnet hat, so wird sich schwerlich über die ausreichende Begründung ihrer Krankheit entscheiden lassen. Haben wir uns, wie es fast scheint, Ophelia in einem noch so zarten Alter vorzustellen, wo die Pubertätsentwickelung noch gar nicht vollendet war, so sind die aufgeführten Gründe mehr als ausreichend, eine Geisteskrankheit hervorzurufen. War vielleicht Hamlet unvorsichtig genug, in der Seele des jungen Mädchens unzüchtige Bilder zu erregen, die ihre Phantasie lebhaft in Anspruch nahmen, so könnte dies allein schon den traurigen Ausgang bewirken. Dasselbe konnte bei Ophelia auch ohne Hamlet's Zuthun zu Stande kommen. Jedenfalls sind wir nicht berechtigt, dem Dichter in diesem Punkte Mangel an Motivirung vorzuwerfen, da man sich die Verhältnisse sehr verschieden vorstellen kann.

In ihrem Wahnsinn singt später die Ophelia allerlei Bruchstücke von alten Liedern und Balladen, in denen verschiedene Anspielungen auf den Tod ihres Vaters und auf den Geliebten vorkommen, letztere wiederholt mit indecenten Bildern. Man hat gefragt, wie kommt das Mädchen dazu, in diesen Liedchen Gedanken zu äussern, die eine Jungfrau nicht ohne Erröthen anhören, geschweige denn zu sprechen sich erlauben würde. Gervinus erklärt dies, ich glaube aber mit Unrecht, durch die Art von Hamlet's Verkehr mit ihr, wobei seine Unterhaltung oft schlüpfrig gewesen sein möge; dadurch sei ihre Einbildungskraft mit sinnlichen Bildern angesteckt und seien ihr liebevolle Begierden eingehaucht worden. Dies würde Hamlet's sowohl wie Ophelia's Sittlichkeit in ein bedenkliches Licht stellen. Da der Dichter über das Verhältniss der beiden Liebenden nach dieser Richtung hin durchaus keine Andeutung gegeben, so dürfen wir ihm nicht eine solche Annahme unterschieben, so weniger, als sich die bezüglichen Thatsachen noch auf andere Weise erklären lassen. Ich nehme nämlich an, Ophelia habe in ihrer Kindheit von Ammen und Kinderwärterinnen viele solcher unzüchtigen Liedchen sich vorsingen hören, wie jede Sprache eine Menge solcher hat, die in den unteren

um

Classen von Mund zu Munde gehen; erinnern wir uns, wie Shakspeare die Amme Julien's im Romeo, wenn auch nicht in Versen, aber deshalb nicht weniger anstössig schwatzen lässt, so hat die Annahme nichts Auffallendes; Ophelia hat, als Kind, diese Reimschnitzel nachgelallt und nachgesungen, ohne ein Wort davon zu verstehen. In ihrer Geistesstörung machen sie sich nun ihrem Gedächtniss wieder bemerklich, wie der gesunde Mensch im hohen Alter eine viel treuere Erinnerung für Erlebnisse aus seiner Jugend hat, als für alle späteren. Ophelia mag lange Jahre an diese Dinge nicht mehr gedacht haben; im Wahnsinn kehren sie wieder und sie singt sie mit ebenso wenig Bewusstsein, als sie sie in frühester Kindheit gesungen. So etwa mag sich der Dichter die Sache vorgestellt haben, als er diese Liedchen in das Spiel einfügte; die Erklärung hat den grossen Vorzug, dass sie den reinen Sinn der Ophelia wahrt. Ueber den sittlichen Standpunkt des Mädchens sind die verschiedensten Ansichten laut geworden: manche englische Ausleger möchten nicht bloss diese geschlechtlichen Beziehungen ihrer Gedankensphäre entrücken, sondern sie wollen auch Nichts von dem Ehrgeize wissen, der sie nach dem Throne streben lässt; Andere wieder haben sie sugar in ihrem Verkehre mit Hamlet jene gefährliche Grenze überschreiten lassen, wo ein Mädchen Alles verliert, was sie noch auf Achtung Anspruch machen lässt. Was ihren tragischen Fall anlangt, so halte ich ihn für sehr schwer und kaum durch ihr Thun verschuldet, da die Verschuldung doch nur in der willfährigen Folgsamkeit gegen ihren Vater und in dem eben erwähnten Streben nach einer Ehre, die ihr nach ihrem Stande nicht zukommen konnte, gefunden werden kann. Im Uebrigen hat Shakspeare sie so rein und zart, man möchte sagen ätherisch gezeichnet, wie man sich nur eine schöne Mädchengestalt vorstellen kann. Die Scene, wo sie als Wahnsinnige erscheint, und wenn sie später die Blumen vertheilt, gehört zu den rührendsten, die in irgend einer dramatischen Arbeit vorkommen; aber ebenso hat noch die andere, wo die Königin von ihrem Tode erzählt, eine mächtig elegische Wirkung auf die Zuhörer. Die Ophelia gehört, wie Rosenkrantz und Guildenstern, wesentlich zu den Personen, die durch die Verkettung der Umstände, ohne eigene Verschuldung, mit in den Strudel des Verderbens hineingerissen werden. Man wird dem Dichter hierüber keinen Vorwurf machen, denn das Leben bringt solche Fälle in Menge mit sich, und es soll ja die Tragödie das wirkliche Leben darstellen; was dieses bietet, muss auch in dem Bilde des Lebens, in der dramatischen Darstellung, gestattet sein.

Auch dem Könige Claudius mögen noch einige Worte ge

widmet sein, da gerade auch er vom Dichter mit vollendeter Kunst gezeichnet worden. Claudius ist kein alltäglicher Mensch. Mit entschiedenen Herrschergaben ausgerüstet, von durchdringendem Verstande und besonnener Ueberlegung, lenkt er das Staatsruder mit vollkommener Sicherheit und versteht es, auch persönlichen Gefahren mit Erfolg zu begegnen. Die böse That, die auf seiner Seele lastet, stört nicht die Sicherheit seines Auftretens. Das Gewissen zwar schläft nicht, er ist nicht abgestumpft gegen das Bewusstsein der Sünde; aber er beherrscht sich vor der Welt. Die Gebetscene, die mit unter die vielen ausgezeichneten, ergreifenden Stellen des Dramas gehört, belehrt uns über des Königs Seelenzustand, wie er die ganze Schwere seines Verbrechens empfindet, weiss, dass er der Gnade bedürftig ist, dass aber Gnade nur durch Reue zu erlangen ist, und er nicht bereuen kann, weil die Sinnenlust bei ihm grösser als das Verlangen nach Gnade. Darum kann er nicht beten; denn das weiss er recht wohl, dass ihm zum erfolgreichen Gebet die rechte Stimmung fehlt, dass der Besitz des durch Verbrechen Erworbenen ihn von der Gnade, von der Erhörung ausschliesst, er weiss, dass sein Herz verhärtet ist. Ja, der Dichter zeigt an der später durch Claudius an Hamlet verübten Verruchtheit, dass der König auf dem Wege des Bösen beharrt und sich in jener Scene vollkommen richtig beurtheilt hat.

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Es könnte hier am Schlusse nun noch auf unendlich Vieles, das der besonderen Beachtung werth ist, aufmerksam gemacht werden: theils könnte dies die Verkettung der Umstände und Ereignisse, theils einzelne Aussprüche der handelnden Personen, die besondere Beziehungen haben, betreffen, man könnte Schönheiten des Inhalts der Reden hervorheben, prägnante Bilder besonders bezeichnen u. s. w. Manches davon ist im Commentar an den betreffenden Stellen berücksichtigt; was dort nicht berührt worden, kann füglich dem denkenden Leser überlassen werden, der nach Anleitung des Gegebenen noch Manches in diesem an ästhetischen Schönheiten so reichen Trauerspiele finden wird.

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