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Homerischen Gemählde wegzulassen. Aber hat man darum auch Recht, sie aus dem Homer selbst wegzuwûnschen? Ich finde ungern, daß ein Gelehrter, von sonst sehr richtigem und feinem Geschmack; dieser Meinung. ist *). Ich verspare es auf einen andern Ort,»-mich weitläuftiger darüber zu erklären.

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XXV.

Auch der zweyte Unterschied, welchen der angeführte Kunstrichter, zwischen dem Ekel und andern unangenehmen Leidenschaften der Seele findet, äußert sich bei der Unlust, welche die Häßlichkeit der Formen in uns erweckt.

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,,Andere unangenehme Leidenschaften," sagt er **), „können auch außer der Nachahmung, in der Natur selbst, ,,dem Gemüthe öfters schmeicheln; indem sie niemals rei-, „ne Unluft erregen, sondern ihre Bitterkeit allezeit mit ,,Wollust vermischen Unsere Furcht ist selten von aller „Hoffnung entblößt; der Schrecken belebt alle unsere „Kräfte, der Gefahr auszuweichen; der Zorn ist mit der „Begierde sich zu råchen, die Traurigkeit mit der angeneh,,men Vorstellung der vorigen Glückseligkeit verknüpft, ,,und das Mitleiden ist von den zärtlichen Empfindungen,,der Liebe und Zuneigung unzertrennlich. Die Seele hat „die Freyheit, sich bald bey dem vergnüglichen, bald bey

*) Klotzii Epiftolae Homericae, p. 33. et feq. ***) Eben daselbst, S. 103.

„dem widrigen Theile einer Leidenschaft zu verweilen, und fich eine Vermischung von Lust und Unlust selbst zu „schaffen, die reizender ist, als das lauterste Vergnügen. Es braucht nur sehr wenig Achtsamkeit auf sich selbst, „um dieses vielfältig beobachtet zu haben; und woher kås „me es denn sonst, daß dem Zornigen sein Zorn, dem ,,Traurigen fein Unmuth lieber ist, als alle freudige Vors „stellungen, dadurch man ihn zu beruhigen gedenkt ? „Ganz anders aber verhält es sich mit dem Ekel und den ,,ihm verwandten Empfindungen. Die Seele erkennt in „demselben keine merkliche Vermischung von Lust. Das ,,Mißvergnügen gewinnt die Oberhand, und daher ist kein „Zustand, weder in der Natur noch in der Nachahmung „zu erdenken, in welchem das Gemüth nicht von diesen „Vorstellungen mit Widerwillen zurückweichen sollte.

Vollkommen richtig; aber da der Kunstrichter selbst, noch andere mit dem Ekel verwandte Empfindungen er Pennt, die gleichfalls nichts als Unluft gewähren, welche kanni ihm näher verwandt seyn, als die Empfindung des Häßlichen in den Formen? Auch diese ist in der Natur ohne die geringste Mischung von Lust; und da sie deren eben so wenig durch die Nachahmung fähig wird, so ist‹ auch von ihr kein Zustand zu erdenken, in welchem das Gemüth von ihrer Vorstellung nicht mit Widerwillën' ·Zus rückweichen sollte.

Ja diefer Widerwille, wenn ich anders, mein Gefühl forgfältig genug untersucht habe, ist gänzlich von der, Naš tur des Ekels. Die Empfindung, welche die Häßlichkeit

der Form begleitet, ist Ekel, nur in einem geringérn Gráz de. Dieses streitet zwar mit einer andern Anmerkung. des Kunstrichters, nach welcher er nur die allerdunkelsten Sinne, den Geschmack, den Geruch und das Gefühl, dem Ekel ausgesezt zu seyn glaubt. „Jene beyde,” sagt er, „durch einé übermäßige Süßigkeit, und dieses durch „eine allzu große Weichheit der Körper, die den berühe „renden Fiebern nicht genugsam widerstehen. Diese Geo ,,genstände werden sodann auch dem Gesicht unerträglich, „aber bloß durch die Afsociation der Begriffe, indem wir „uns des Widerwillens erinnern, den sie dem Geschmack, ,,dem Geruch oder dem Gefühl verursachen. Dein eigenta. lich zu reden, giebt es keine Gegenstände des Ékels für das ,,Gesicht." Doch, mich dunkt, es lassen sich dergleichen als lerdings nennen. Ein Feuermahl in dem Gesicht, eine Hafenscharte, eine gépletschte Nase mit vorragenden Ldchern, ein gänzlicher Mangel der Augenbraunen, sind Häßs lichkeiten, die weder dem Geruch, noch dem Geschmack, noch dem Gefühl zuwider seyn können. Gleichwohl ist es ge= wiß, daß wir etwas dabey ëmpfinden, welches dem Etel schon viel nåher kommt, als das, was uns andere Uns förmlichkeiten des Körpers, ein krümmer Fuß, ein hoher Rücken, empfinden lassen; je zärtlicher das Temperament ift, desto meht werden wir von den Bewegungen in dem Körper dabey fühlen, welche vor dem Erbrechen vorhers gehen. Nur, daß diese Bewegungen sich sehr bald wiez der verlieren, und schwerlich ein wirkliches Erbrechen ére folgen kann; wovon man allerdings die Ursache darin zu

suchen hat, daß es Gegenstände des Gefichts sind, wels ches in ihnen, und mit ihnen zugleich, eine Menge Rea litåten wahrnimmt, durch deren angenehme Vorstellungen jere unangenehme so geschwächt und verdunkelt wird, daß fle keinen merklichen Einfluß auf den Körper haben kann. Die dunkeln Sinne hingegen, der Geschmack, der Geruch, das Gefühl, können dergleichen Realitäten, indem sie von etwas Widerwärtigem gerührt werden, nicht mit be merken; das Widerwärtige wirkt folglich allein und in feiner Stärke, und kann nicht anders als auch in dem Körper von einer weit heftigern Erschütterung bes gleiter seyn.

Uebrigens verhält sich auch zur Nachahmung das Ekelhafte vollkommen so, wie das Häßliche. Ja, da seis ne unangenehme Wirkung die heftigere ist, so kann es noch weniger als pas Håßliche an und für sich selbst ein Gegens stand, weder der Poesie, noch der Mahleren werden. Nur, weil es ebenfalls durch den wörtlichən Ausbruck sehr genildert wird, getraute ich mich doch wohl zu behaupten, daß der Dichter, wenigstens einige ekelhafte Züge, als ein Ingrediens zu den nehmlichen vermischten Empfindungen brauchen könne, die er durch das Häßliche mit so gutem. Erfolg verstärkt.

Das Ekelhafte kann das Lächerliche vermehren; ødef Vorstellungen der Würde, des Austandes, mit dem Ekelhaften in Contrast gesetzt, werden lächerlich. Erem pel hiervon lassen sich bey dem Aristophanes in Menge finden. Das Wiesel fällt mir ein, welches den guten Sokrates

Sokrates in seinen astronomischen Beschauungen unter

brach *).

ΜΑΘ. Πρωην δε γε γνωμην μεγάλην αφηρέθη

Υπ' ασκαλαβώτε. ΣΤΡ. Τινα τρόπον; κατειπε μου
ΜΑΘ. Ζητώντος αύτε της σεληνης τας οδες

και τας περιφοράς, εἶτ ̓ ἄνω κεχηνοτὸς

Απο της όροφης νυκτωρ γαλεώτης κατέχεσιν.

ΣΤΡ. Ηην γαλεωτη καταχέσαντι Σωκρατες. Man lasse es nicht ekelhaft seyn, was ihm in den offnen Mund fällt, und das Lächerliche ist verschwunden. Die drolligsten Züge von dieser Art hat die Hottentottische Erzählung, Tquassouw und Knonmquaiha, in dem Kenner, einer Englischen Wochenschrift voller Laune, die man dem Lord Chesterfield zuschreibt. Man weiß, wie schmuzig die Hottentotten sind; und wie vieles sie für schön und zierlich und heilig halten, was uns Ekel und Abscheu erweckt. Ein gequetschter Knorpel von Nase, schlappe bis auf den Nabel herabhängende Brüste, den ganzen Körper mit einer Schminke aus Ziegenfett und Ruß an der Sonne durchbeizt, die Haarlocken von Schmeer tries fend, Füße und Arme mit frischem Gedårme umwunden: dies denke man sich an dem Gegenstandé einer feurigen, ehrfurchtsvollen, zärtlichen Liebe; dies hdre man in der edeln Sprache des Ernstes und der Bewunderung ausges drückt, und enthalte sich des Lachens **)!

* Nubes v. 170. 74.

**) The Connoisseur, Vol. Í. N. 21. Von der Schönheit der Kuonmquaiha heißt es: He was ftruck with the

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