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Hernach ist noch auch dieses zu erinnern, daß man nur eine Verbindung ausübt, in welcher die Dichtkunst die helfende Kunst ist, nehmlich in der Oper, die Verbindung aber, wo die Musik die helfende Kunst wäre, noch unbes arbeitet gelaffen hat *). Oder sollte ich sagen, daß man in der Oper auf beyde Verbindungen gedacht habe: nehmlich, auf die Verbindung, wo die Poesie die helfende Kunst ist, in der Arie; und auf die Verbindung, wo die Musik die helfende Kunst ist, im Recitativ? Es scheint so. Nur dürfte die Frage dabey seyn, ob diese vermischte Verbindung, wo nur nach der Reihe die eine Kunst der andern subservirt, in einem und eben demselben Ganzen natürlich sey, und ob die wollüftigere, welches unstreitig die ist, wo die Poesie der Musik subservirt, nicht der andern schadet, und unser Ohr zu sehr vergnügt,

*) Vielleicht ließe sich hieraus ein wesentliches Unterscheis dungszeichen zwischen der französischen und / italiänischen Oper festfeßen.

In der franzisischen Oper ist die Poefte weniger die Hülfskunft; und es ist natürlich, daß die Musik dersels ben fonach nicht so brillant werden könne.

In der italianischen ist alles der Musik untergeords net: dieses sieht man selbst aus der Einrichtung der Opern des Metastafio; aus der unnöthigen Häufung der Personen, . E. in der Zenobia, welche noch weit ver: wickelter ist, als Crebillons; aus der üblen Gewohnheit, jede Scene, auch die allerpassionirteste, mit einer Arie zu schließen. (Der Sänger will beym Abgehen für seis ne Cadence beflatscht seyn.)

Man müßte in dieser Absicht die besten französischen Opern, als Atys und Armide, gegen die besten des Mes taftafio untersuchen.

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als daß es das wenigere Vergnügen bey der andern nicht zu matt und schläfrig finden sollte.

'Dieses Subserviren unter deu beyden Künsten besteht darin, daß die eine vor der andern zum Hauptwerk ge= macht wird, nicht aber darin, daß sich die eine bloß nach der andern richtet, und wenn ihre verschiedenen Regeln in Kollision kommen, daß die eine der andern so viel nachgiebt als möglich. Denn dieses ist auch in der alten Verbindung geschehen.

Aber woher diese verschiedenen Regeln, wenn es wahr ist, daß beyder Zeichen einer so intimen Verbindung. fähig find? Daher, daß beyder Zeichen zwar in der Folge der Zeit wirken, aber das Maaß der Zeit, welches den Zeichen der einen und der andern widerspricht, nicht eis nerley ist. Die einzelnen Töne in der Musik sind keine Zeichen, fie bedeuten nichts und drücken nichts aus; sondern ihre Zeichen find die Folgen der Töne, wrlche Leidenschaft erregen und bedeuten können. Die willkührli= chen Zeichen der Worte hingegen bedeuten vor sich selbst etwas, und ein einziger Laut, als willkührliches Zeichen, kann so viel ausdrücken, als die Musik nicht anders als in einer langen Folge von Tönen empfindlich machen kann, Hieraus entspringt die Regel, daß die Poesie, welche mit Mustk verbunden werden soll, nicht von der gedrungenen Art seyn muß; daß es bey ihr keine Schönheit ist, den besten Gedanken in so wenig als mögliche Worte zu brin= gen, sondern daß sie vielmehr jedem Gedanken, durch die längsten geschmeidigsten Worte so viel Ausdehnung

geben muß, als die Musik braucht, etwas ähnliches hervorbringen zu können. Man hat den Komponisten vorgeworfen, daß ihnen die schlechteste Poesie die beste wåre,

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und sie dadurch lächerlich zu machen geglaubt; aber sie ist ihnen nicht deswegen die liebste weil sie schlecht ist, sondern weil die schlechte nicht gebrångt und gepreßt ist. Es ist aber darum nicht jede Poesie, welche nicht gedrängt und gepreßt ist, schlecht; sie kann vielmehr sehr gut seyn, ob sie gleich freylich, als bloße Poesie betrachtet, nach: drücklicher und schöner seyn könnte. Allein fie foll auch nicht als bloße Poesie betrachtet werden.

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Daß eine Sprache vor der andern zur Musik geschickt fey, ist wohl unstreitig, nur will kein Volk das Wenigere auf 'feine Sprache kommen laffen. Die Unschicklichkeit beruht aber nicht blos in der rauhen und harten Aussprache, sondern auch, zu Folge der gemachten Anmerkung, in der Kürze der Wörter, und zwar dieses nicht allein, weil die kurzen Wörter auch meistentheils hart sind und sich schwer untereinander verbinden laffen, fondern auch schon deswegen, weil sie kurz sind, weil sie zu wenig Zeit brauchen, als daß ihnen die Musik mit ihren Zeichen gleichen Schritts folgen könnte.

J

Völlig kann keine Sprache von der Beschaffenheit feyn, daß ihre Zeichen eben so viel Zeit erforderten, als die Zeichen der Musik, und ich glaube, dieses ist der natürliche Anlaß gewesen, ganze Passagen auf eine Sylbe zu legen.

2) Nach dieser vollkommensten Vereinigung der Poe

fe und Musik folgt die Vereinigung willkührlicher auf einander folgender hörbarer Zeichen mit willkührlich auf einander folgenden sichtbaren Zeichen, das ist die Verbins dung der Musik mit der Tanzkunst, der Poesie mit der Tanzkunft und der vereinigten Musik und Poesie mit der Lanzkuust.

Unter diefen drey Verbindungen, von welchen allen wir bey den Alten Erempel finden, ist wiederum die Verbindung der Musik mit der Tanzkunst die vollkommnenere; denn obschon hörbare mit sichtbaren Zeichen verbunden werden, fv fållt doch dafür hinwiederum der Unterschied des Zeitraums, den diese Zeichen nöthig haben, weg, `welcher in der Verbindung der Poesie mit der Tanzkunst oder der vereinigten Poesie und Musik mit der Tanzkunst bleibt.

3) Wie es eine Verbindung willkührlich aufeinander folgender hörbarer Zeichen mit natürlich auf einander folgenden hörbaren Zeichen giebt: follte es nicht auch eine Verbindung willkührlicher auf einander folgender sichtba rer Zeichen mit natürlich auf einander folgenden sichtbas ren Zeichen geben? Ich glaube, dieses war die Pantomime der Alten, wenn wir sie auffer ihrer Verbindung mitder Musik betrachten. Denn es ist gewiß, daß die Pantomime nicht aus bloß natürlichen Bewegungen und Stellun gen bestand, sondern, daß fie auch willkührliche zu Hülfe nahm, deren Bedeutung von der Convention abhing *).

Die einfache Kunst, welche sich willkührlich auf einander folgender fichtbarer Zeichen bedient, wird die Sprache der Stummen seyn.

Dieses muß man annehmen, um die Vollkommenheit der alten Pantomime wahrscheinlich zu finden, zu welcher noch ihre Verbindung mit der Poesie vieles beytrug. Dies ses aber war eine Verbindung von einer besondern Art, indem nicht Zeichen und Zeichen miteinander verbunden wurden, sondern bloß die Folge der einen nach der Folge der andern eingerichtet, bey der Ausführung diese leßtere aber unterdrückt ward.

II. Dieses waren die vollkommenen Verbindungen, die unvollkommenen sind diejenigen, da willkührliche auf einander folgende Zeichen mit natürlichen neben einander geordneten Zeichen verbunden werden, derer vornehruste die Verbindung der Mahlerey mit der Poesie seyn würde, Wegen des Unterschiedes, daß die Zeichen der einen im Raume und die Zeichen der andern in der Zeit auf einan: der folgen, kann keine vollkommene Verbindung entstehen, woraus eine gemeinschaftliche Wirkung entsprånge, sondern nur eine Verbindung, bey welcher die eine der andern untergeordnet ist,

Erstlich also die Verbindung, wo die Mahlerey der Dichtkunst untergeordnet ist. Hierher gehört der Gebrauch der Bånkelsånger, den Inhalt ihrer Lieder mahlen zu lasfen und darauf zu weisen,

Die Verbindung, welche Caylus angiebt, ist mehr von der Art, wo die alte Pantomime mit der Poesie ver bunden war. Diese ist, die Folge der Zeichen der einen durch die Folge der Zeichen der andern zu bestimmen.

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