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eine menschliche Figur nur von der Größe einer Spanne, oder eines Zolls zu seyn scheint, erscheint sie auch undeuts licher: das ist aber bey den verjüngten Figuren in dem Vorgrunde kleiner Gemählde nicht, und die Deutlichkeit ihrer Theile widerspricht der annehmlichen Entfernung und erinnert uns zu lebhaft, daß die Figuren verjüngt und nicht entfernt find.

Es ist hiernächst bekannt, wie viel die Größe der Dis mensionen zu dem Erhabenen beyträgt, und dieses Erhas bene verliert sich durch die Verjüngung in der Mahlerey gänzlich. Ihre größten Thürme, ihre schårfsten rauhesten Abstürze, ihre noch so überhangenden Felsen, werden auch nicht einen Schatten von dem Schrecken, und dem Schwindel erregen, den sie in der Natur erregen, und den sie auch in der Poesie in einem ziemlichen Grade erregen können.

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Welch ein Gemählde beym Shakespear, wo Edgar den Gloster auf die äußerste Spitze des Hügels führt, von welcher er sich herabstürzen will *)!

Comme on, fir,

Here's the place; ftand ftill. How fearful
And dizzy'tis to caft ones Eyes fo low!

The Crows and Choughs, that wing the midway air
Shew fcarce To grofs as Beetles. Half way down
Hangs one that gathers famphire; dreadful trade!
Me thinks he feems no bigger than his head!
The Fisher-men that walk upon the beach
Appear like mice; and yond tall anchoring bark
*) King Lear, Act, IV. Sc. 5.

Diminish'd to her Cock; her Cock, a Buvy
Almost too fmal for fight. The murmuring surge
That on the unnumbred idle Pebble chafer
Cannot be heard fo high. I'll loock no more.
Laft my brain turnand the deficient fight
Topple down headlong

Mit dieser Stelle Shakespears ist zu vergleichen, bie Stelle beym Milton B. VII. v. 210. wo der Sohn Gottes in das grundlose Chaos herabsicht. Diese Tiefe. ist bey weitem die größere; gleichwohl thut die Beschrei bung derselben keine Wirkung, weil sie uns durch nichts. anschauend gemacht wird; welches bey dem Shakespear so vortreflich durch die allmålige Verkleinerung der Gegens Stände geschieht.

3.

Die verschiedenen Dimensionen schwächen die Wire, fung in der Mahlerey.

Die verjüngten Dimensionen schwächen die Wirkung in der Mahleren.

Ein schönes Bild in Miniatur kann unmöglich eben dasselbe Wohlgefallen erwecken, welches dieses Bild in feiner wahren Größe erwecken würde.

Wo die Dimensionen aber nicht beybehalten werden können, da will der Beträchter sie wenigstens aus der

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Vergleichung mit gewiffen bekannten und bestimmten GrdBen schließen und beurtheilen können.

Die bekannteste und bestimmteste Größe ist die menschliche Gestalt. Daher sind auch fast alle Längens maaße von der menschlichen Gestalt oder von einzelnen Theilen derselben hergenommen worden. Eine Elle, ein Fuß, eine Klafter, ein Schritt, ein. Zoll, Mannshoch :c.

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Sonach glaube ich, daß die menschlichen Figuren dem Landschaftsmahler, auch außer dem höhern Leben, das sie in sein Stück bringen, noch den wichtigen Dienst leisten, daß sie das Maaß aller übrigen Gegenstände und ihrer Entfernungen untereinander, darinn werden.

Låft er sie weg, so muß er diesen Mangel eines gewissen Maaßes, durch Anbringung anderer Dinge ersetzen, welche der Mensch zu seinem Gebräuche oder Bequemlichkeit gemacht, und daher nach seiner Größe eingerichtet hat. Ein Haus, eine Hütte, ein Zaun, eine Brücke, ein Steig, können diesen Dienst verrichten 20.

Und will der Künstler eine ganz unbebaute Wüste, verlaffene Gegend, ohne alle Menschen und menschliche Spuren schildern, so muß er wenigstens Thiere von be-, kannter Größe hineinsehen, aus deren Verhältnisse zu den übrigen Gegenständen man auf ihre eigentlichen Dimensionen schließen kann.

Der Mangel eines bestimmten und bekannten Maaßes, kann auch in historischen, und nicht bloß in Landschaftsstücken von übler Wirkung seyn.,,Die dichterische

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Erfindung, fagt der Herr von Hagedorn*) so bald sie der bloßen Einbildungskraft überlassen ist, leidet Zwerge ,, und Riesen beysammen, aber die mahlerische Erfindung,

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oder die Vertheilung ist nicht so gutwillig und biegsam. Er erläutert seine Meinung durch ein åchtes Gemålde des Alterthums, den schlafenden Cyclopen des Timanthes. Dieses Riesen ungeheure Größe auszudrücken, hat der Künstler dessen Daumen durch darneben gestellte Satyren mit einem Thyrsus ausmessen lassen. Er finder den Einfall finnreich, aber in einer mahlerischen Zusammensetzung sowohl mit den ersten Begriffen vom Gruppiren und unsern jezigen Ideen vom Helldunkeln streitend, als auch dem ungezwungenen Gleichgewicht des Gemähldes nachtheilig. Man kann es dem Herrn von Hagedorn auf sein Wort glauben, daß dieser Gegenstand alle die bemerkten Unbequemlichkeiten hat. Allein es sind dieses nur Unbe quemlichkeiten für das Auge des erwähnten Kenners; ich füge aus dem, was ich von den Dimensionen gesagt habe, eine andere hinzu, die er für jedes Auge hat, und für das ungeübtere am meisten,

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Wenn mir der Dichter den Riesen und den Zwerg nennt, so weiß ich es aus den Worten, daß er die zwey Extreme mennt, zu welchen die menschliche Gestalt von ihrer gewöhnlichen Größe abweichen kann. Allein wenn der Mahler eine große und eine kleine Figur verbindet, woher weiß ich, daß es jene Ertreme seyn sollen? Ich kann wechselsweise sowohl die kleine als die große für die Von der Mahlerey, S. 169.

Figur von der gewöhnlichen Gröffe annehmen. Nehme ich die kleinere dafür an, so ist die große ein Colossus, nehme ich die große dafür an, so wird die kleine ein Lillis puter, Ich kann mir in diesem Falle noch eine größere und in jenem noch eine kleinere gedenken. Es bleibt also unentschieden, ob der Mahler einen Zwerg oder einen Riesen, oder ob er beydes vorstellen wollen.

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Julius Romanus ist es nicht allein, welcher den Eine fall des Timanthes nachgeahmt hat*); auch Franciscus Floris hat ihn in seinem Herkules unter den Pygmåen ges braucht, in einer Zeichnung, die Herr Cod 1563 gestos chen hat. Ich zweifle aber, ob sehr glücklich. Da er nehmlich die Pygmåen nicht als verwachsene und bucks lichte Zwerge, sondern als in allen ihren Verhältnissen wohlgewachsene kleine Menschen vorstellt, so würde ich nicht wissen, ob es nicht Menschen von ordentlicher Grda fe, und der unter der Eiche schlafende Herkules nicht ein Riese seyn sollte, wenn ich nicht den Herkules an seiner Keule und Löwenhaut erkennte und es schon wüßte, daß das Alterthum den Herkules zwar als einen großen, aber als keinen ungeheuern Mann vorgestellt, Timanthes läßt einen Satyr den Daumen des Cyklopen mit einem Thyrs sys messen; Miros einen Pygmåen die Fußsohle des Herfules mit einem Stabe. Es ist wahr, Herkules ist in Bes trachtung der Pygmåen so gut Riese, als der Cyklope in Betrachtung der Satyren. Demohngeachtet thut die åhn= liche Ausmessung hier nicht auch die ähnliche Wirkung. Die *) Richardfon Traité, de la Peinture T. I. p. 84.

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