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Horvendill und heirathet dessen Witwe; diese That beschönigt er mit dem Vorgeben, Horvendill hätte seine Frau schlecht behandelt und er habe sie vor dessen Misshandlungen schützen wollen. Amleth fürchtet nun selbst Böses von Fengo; um diesem zu entgehen, stellt er sich wahnsinnig. Fengo schöpft aus Amleth's närrischem Gebahren Verdacht, er möchte an ihm für seinen Vater Rache nehmen und bemüht sich, herauszubringen, ob er wirklich wahnsinnig sei, oder sich nur so stelle. Um dies zu erforschen führen Fengo und seine Freunde ihm ein Mädchen vor mit der er sich auch in ein vertrautes Verhältniss einlässt; er beschwört sie aber, Alles geheim zu halten, wodurch denn der Plan Fengo's vereitelt wird. Da dies misslungen, lässt Fengo auf den Rath eines dienstwilligen Höflings den Amleth mit seiner Mutter zusammenkommen und die Unterredung von dem Höfling, der sich selbst dazu erboten, belauschen. Dieser versteckt sich unter einer Decke, die über den Fussboden ausgebreitet ist. Amleth spielt den Wahnsinnigen, kräht wie ein Hahn, schlägt mit den Armen, als wären es Flügel, und springt auf der Decke herum. Dabei bemerkt er, dass Jemand darunter versteckt sei, zieht den Degen und sticht den Höfling durch die Decke hindurch todt; den Leichnam haut er in Stücke, kocht sie und wirft sie den Schweinen als Futter vor. Danu stellt er sich bei der Mutter wieder ein, macht ihr die bittersten Vorwürfe, dass sie sich den sinnlichen Gelüsten des Mörders ihres Gatten hingegeben habe, gesteht ihr, dass er nicht wahnsinnig sei, sondern den Blödsinn nur angenommen habe, um den Nachstellungen seines Stiefvaters zu entgehen; er beschwört sie, ihrem Gatten Nichts davon zu sagen, was sie ihm auch verspricht. Der Leichnam des Getödteten ist nicht zu finden, und der Angabe Amleth's, dass er ihn den Schweinen vorgelegt, wird nicht geglaubt.

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Fengo fängt nun an, sich vor seinem Stiefsohn Amleth zu fürchten, wagt aber nicht, ihn ohne Weiteres aus dem Wege zu räumen. Er entschliesst sich daher, Amleth unter Begleitung nach Britannien zu senden, und dem dortigen König Auftrag zu geben, ihn sofort zu tödten. Nachdem Amleth noch seiner Mutter anbefohlen, nach einem Jahr sein Todtenfest zu feiern und ihr versprochen, um solche Zeit zurückzukehren, begiebt er sich auf die Reise. Auf der Hinfahrt nimmt er seinen Begleitern, während diese schlafen, heimlich den geschriebenen Auftrag an den britannischen König aus der Tasche, erfährt daraus, was man gegen ihn beabsichtige, ändert den Befehl dahin um, dass, statt Seiner, seine Begleiter getödtet werden sollen und bittet den König noch in Fengo's Namen, er möge dem Amleth seine Tochter zur Frau geben.

In Britannien wird er mit seinen Gefährten freundlich aufgenommen; diese übergeben ihren Auftrag und werden mit Amleth auf das Beste bewirthet. Dieser erregt bei der Mahlzeit durch seine räthselhaften Reden so sehr die Aufmerksamkeit und Bewunderung des Königs, dass dieser ihn für erstaunlich weise hält. Er heirathet dann mit Bewilligung des Königs die Königstochter und seine Begleiter werden aufgeknüpft. Darüber stellt sich Amleth verwundert und beleidigt, und bringt den König dahin, ihm eine Summe Geldes zu geben, um diese Missethat zu sühnen. Das empfangene Geld lässt er schmelzen und in hohle Stöcke giessen.

Nach einem Jahr kehrt er nach Jütland zurück und trifft gerade zu seinem eigenen Todtenfest ein. Seine Ankunft setzt alle Anwesenden in Verwunderung, jedoch, da er wieder seine blödsinnige Haltung angenommen, erregt er auch bald ihr Lachen. Nach seinen Begleitern gefragt, giebt er die mit Gold gefüllten Stöcke dafür aus. Da er wiederholt sein Schwert zieht, so nageln die Gäste es ihm in der Scheide fest. Darauf macht er alle Gäste betrunken, und nachdem diese eingeschlafen, breitet er ein grosses Netz über sie aus, das er mit hölzernen Pflöcken, die er schon früher geschnitzt hatte, feststeckt, so dass sie nicht entkommen können, legt Feuer an das Haus und tödtet seinen Stiefvater im Bett mit dessen eigenem Schwert; das Seinige legt er an dessen Stelle. Dann hält er sich einige Zeit verborgen, um zunächst die Stimmung des Volkes zu erfahren. Da er vernommen, dass Einige ganz mit dem Vorgefallenen zufrieden seien, wagt er sich aus seinem Versteck hervor, beruft eine Versammlung derer, bei denen sein Vater noch in gutem Andenken steht, und stellt ihnen vor, was er durch diese That für's Wohl des Volkes gethan, indem er der Tyrannei Fengo's ein Ende gemacht habe. Darauf wählen sie ihn zum König, und er regiert über sein Volk noch mehrere Jahre, wird aber dann in einem Kriege gegen Vigletus, den Nachfolger Rörik's, erschlagen.

Der weitere Verlauf der Sage des Saxo Grammaticus kann hier füglich übergangen werden, da Shakspeare in seinem Drama Nichts daraus benutzt hat. Roh und formlos, wie das Mitgetheilte, ist auch die weitere Ausführung bis zu Ende.

Und diesen rohen Stoff, den Shakspeare vorfand, hat er in unserem Drama zu einem Kunstwerk von hoher Bedeutung umgeschaffen, das vielleicht alle anderen Schöpfungen des Dichters an Tiefe und Gedankenfülle überragt und von den Kunstsinnigen und Gebildeten, aber eben so sehr vom ganzen Volke in Deutschland, wie in England selbst, mit gleicher und immer neuer Theilnahme aufgenommen worden, weil es so frisch und wahr dem Leben entnommen ist.

Aus einer Bemerkung des Thomas Nash zu Green's Arcadia scheint zu folgen, dass schon vor 1589 eine dramatische Bearbeitung der Hamletsage erschienen war; *) es ist nicht gewiss, ob sie von Shakspeare herrührte oder nicht; Malone meint das letztere. In diesem Falle darf man wohl annehmen, dass unser Dichter den Stoff zu seinem Drama theils aus der Novelle von Belleforest, theils aus dieser früheren Bearbeitung geschöpft habe, aber nicht aus Saxo Grammaticus; denn der dramatische Bearbeiter hat sich einige Abweichungen von seinem Vorgänger erlaubt, wovon sich ebenfalls Anklänge in unserer Tragödie finden. Die Sage und Belleforest lassen den Höfling sich unter einer auf dem Fussboden ausgebreiteten Decke verstecken, auf der Amleth herumspringt; die englische Bearbeitung hat dafür die Tapete eingeführt; auch lässt diese den Amleth, gerade wie im Shakspeare'schen Drama, ausrufen: 'a rat! a rat!' wovon sich in den übrigen Erzählungen Nichts findet. Bei Belleforest soll die Geruthe schon vor dem Tode ihres Gatten ein strafbares Verhältniss mit Fengo unterhalten haben; Saxo Grammaticus erwähnt eines solchen nicht, aber im Shakspeare'schen Drama findet es sich wieder zwischen Claudius und Gertrud, der Gattin des gemordeten Königs. Es gab auch eine ziemlich unbeholfene Uebersetzung der Erzählung nach Belleforest; es hat sich aber nicht feststellen lassen, ob sie zu Shakspeare's Zeit schon existirt hat oder nicht.

Aus verschiedenen Gründen wird ziemlich allgemein angenommen, dass Shakspeare's erste Bearbeitung der Tragödie ins Jahr 1597 falle. So führt Chalmers sie im Jahr 1598 als etwas Bekanntes an; er muss sie also in dem genannten Jahr schon haben aufführen sehen. Diese erste Bearbeitung war nur für das Globe-Theater, aber nicht zum Drucke bestimmt. Die erste Quartausgabe von 1603 dürfte treu diese erste Bearbeitung wieder geben. Die Quart von 1604 ist die Frucht einer neuen Bearbeitung der Ausgabe von 1603, die späteren Quarts sind. wohl blosse Abdrücke, die mit geringer Sorgfalt angefertigt, aber schwerlich vom Dichter geleitet worden sind. Manche halten die erste Quart für ein Plagiat, indem sie vermuthen, der Text sei im Theater zum Zweck einer buchhändlerischen Speculation nachgeschrieben worden. Da aber diese erste Ausgabe, gegen die anderen Drucke gehalten, Abweichungen aufweist, die durch ein noch so sorgloses Nachschreiben nie entstanden wären, so ist es höchst wahrscheinlich, dass dieser erste Druck die erste Bearbeitung der Tragödie, und nicht eine Nach

*) Zur Zeit freilich ist nur noch eine Ausgabe einer solchen Bearbeitung vom Jahr 1608 aufzufinden.

schrift sei. Dessenungeachtet mag doch der Druck der einen wie der anderen Ausgabe ohne Mitwirkung des Dichters zu Stande gebracht worden sein; denn allem Anschein nach war er selbst unbekümmert um die Vervielfältigung seiner Werke, und wenn er auch ein Stück noch einmal überarbeitete, so geschah das, wie es scheint, lediglich für die Aufführung auf der Bühne.

Der Hamlettragödie hat Shakspeare die oben erzählte Amlethsage zu Grunde gelegt, hat aber den vorgefundenen rohen Stoff durch die geniale Bearbeitung zu einem Kunstwerk ersten Ranges umgeschaffen. Dass ein Dichter, wie Shakspeare, sich nicht ängstlich an einen solchen Stoff hält, versteht sich von selbst und müssen wir ihm Dank wissen; nur ein freies Walten des dichterischen Geistes mit dem Gegebenen konnte ein Werk liefern, das, wie Gervinus sagt, „jedes andere seiner Dramen übertrifft." Zunächst ist der Stoff in eine spätere, dem Zeitalter des Dichters selbst nähere Zeit verlegt, wo alle Lebenserscheinungen gegen die Zeit der Sage gehoben und verfeinert sind. Zwar bleibt sich der Dichter hierin nicht ganz treu, sofern er einerseits englische Theaterverhältnisse vorbringt, wie sie zu Shakspeare's eigener Lebenszeit stattgefunden haben, dann aber auch wieder den Dänenkönig vom tributpflichtigen England und von der noch frischen Wunde, die das dänische Schwert ihm beigebracht, sprechen lässt. Indessen ist doch das ganze Colorit des Stückes fast durchweg der Art, dass man immer wieder an das England des 16. Jahrhunderts erinnert wird; denn wenn auch die Scene nach Dänemark verlegt ist, sofern ja die Amlethsage eine dänische ist, stimmt doch Alles, was nur irgend an Zeit- und Volksgebräuche erinnert, mit den damaligen englischen Zuständen überein. Das Stück selbst liefert dem aufmerksamen Leser unzählige Belege hiezu.

Uebersieht man das Ganze unseres Dramas, so möchte man meinen, der Dichter habe die Veranlassung, diesen Stoff zu bearbeiten, aus dem Umstande genommen, dass er seinen Helden hier eine Fluth von melancholischen Herzensergüssen machen lassen konnte, die des Dichters eigener Stimmung entsprachen; denn wenn man Shakspeare's Lebensverhältnisse sich ins Gedächtniss ruft und den daraus sich ergebenden Gemüthszustand mit dem Hamlet's vergleicht, so wird deutlich werden, dass der Dichter seinen Helden eigentlich aus seiner eigenen Brust reden lässt.

Shakspeare war Theaterdichter, Schauspieler und selbst Actionär des Globe-Theaters in London. Das Theater war aber eine für Alle, die auf Anstand und gute Sitte Anspruch machten, geächtete Anstalt; die öffentliche Meinung war dem Theater

entgegen; es wurde grösstentheils nur von jungen Männern des hohen Adels und ausser diesen vom niedrigsten Volkshaufen besucht; Männer, die auf ihren guten Ruf Etwas hielten, besuchten selten das Theater, anständige Frauen gar nicht; solche, die der Neugierde nicht widerstehen konnten, mit Masken; die Gemeindebehörden der City of London thaten Alles, was sie nur vermochten, den Schauspielern ihren Beruf zu erschweren; die königlichen Behörden wurden von den städtischen mit Petitionen um Beschränkung und Aufhebung der Theater bestürmt. Bei der strengen englischen Sonntagsheiligung durfte nur in der Woche gespielt werden, und dann auch nur bei Tage, wo die Mehrzahl der Leute, welche einer regelmässigen Beschäftigung nachzugehen hatten, am Besuche verhindert waren. Auf das Drängen des Stadtraths wurde sogar eine Verordnung erlassen, durch welche die Theater ganz aus der City in die Vorstädte gedrängt wurden; da sie lange keine bleibende Stätte fanden, so waren sie auf's Herumziehen angewiesen. Aus diesem Allem lässt sich schon schliessen, dass der Stand der Schauspieler ein verachteter Stand war. Dies drückte Shakspeare im höchsten Grade nieder und er machte seinem Unmuthe in mehreren seiner an den Grafen Southhampton gerichteten Sonette Luft. Z. B. S. 60 in der Bodenstedt'schen Uebersetzung:

Lass mich's gestehn: das Schicksal trennt uns hier,
Ob auch untheilbar unsere Herzen schlagen,

Drum ohne Deine Hülfe, fern von Dir

Will ich den Makel meines Standes tragen.

Nicht überall darf ich mich zu Dir kehren,
Weil meine vielbeweinte Schmach mich hindert,
Noch darfst Du so vor aller Welt mich ehren,
Weil sonst sich Deines Namens Ehre mindert.
Drum thu' es nicht denn wie Du gänzlich mein
In Liebe bist, soll es Dein Ruf auch sein!

Aehnliche Stellen liessen sich aus den Sonetten noch mehrere herausheben. Shakspeare war offenbar missmuthig und verstimmt, ganz dazu aufgelegt, einen Charakter zu schildern, der, wenn auch aus anderen Gründen, in gleicher Gemüthsverfassung war. Der Amleth der Sage erscheint, nach der Erzählung, nun gerade in solcher Stimmung nicht zu sein; aber er sagte doch mancherlei Dinge, die für einen Blödsinnigen zum Verwundern klug klingen. Der schöpferische Geist des Dichters scheint sich daher aus der Person des Amleth ein Wesen zurechtgelegt zu haben, das ihm als Mittelsperson zwi

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