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zelnen mit höchst seltener Ausnahme sagen, und eigentlich gar nicht, ohne vorausgegangenen Einfluss christlicher Bildung oder wenigstens einiger Kenntnisse von der Christuslehre über Gott, den Vater aller Menschen, über das Verhältniss aller Menschen als Brüder zu einander. Die höchste Duldung lehrt und gebietet nur das Christenthum, die höchste Liebe lehrt und pflegt nur das Evangelium von der Beglückung des ganzen Menschengeschlechts durch Christum den Sohn Gottes, den Heiland und Seligmacher der Welt und Menschheit. Die reinste Humanität überhaupt ruht in dein Christenthume als der Religion der Liebe und des Edelmuthes. Es ist nicht zu leugnen, dass im Lessing'schen Drama der Indifferentismus in Bezug auf Religion und Glauben als Wurzel und Quelle der Humanität und Toleranz erscheint. Dieser Indifferentismus hat aber nie und nirgends die segnende Kraft bewährt, welche allein in der lebensvollen Lehre des Evangeliums enthalten ist.

Mit vollem Recht ist gesagt worden, zum Wesen des Christenthumes gehöre nicht bloss die Lehre, sondern auch die Person Jesu Christi als der unversiegbaren Quelle des religiösen Lebens und des sittlichen Geistes, der in seiner Kirche waltet. In Jesu Person ist die Idee sittlicher Würde und Vollendung, das Ideal menschlicher Charaktergrösse und Seelenschönheit, zu Leben und Wirklichkeit verkörpert. Gross und erhaben bis zum Tode in Schmerz und Schmach bietet er das höchste Vorbild der reinsten Menschenliebe und des unwandelbarsten Gottvertrauens. Weder der Scharfsinn eines Philosophen, noch die Phantasie eines Dichters hat je ein so grossartiges Geistes- und Charaktergemälde zu denken und zu schaffen vermocht, als in der Persönlichkeit Jesu auf Erden zur Anschauung gekommen ist. Wer in den Kämpfen des Lebens der idealen sittlichen Begeisterung durch lebendiges Vorbild bedarf, der hebe zu Jesu dem Sohne Gottes Geist und Herz empor!

Mit wenigen Worten will ich noch der Segnungen gedenken, mit denen allein durch das Christenthum Welt und Menschheit beglückt worden sind. Erst durch das Christenthum ist auf Erden ein zwar nicht überall den Augen sichtbares, aber ohne die Gewalt der Waffen weit verbreitetes Reich

Gottes, ein Reich der Wahrheit, der Tugend, der Frömmigkeit und der innersten Glückseligkeit im Leben einzelner Menschen und Familien, wie im Leben ganzer Völker und Staaten begründet worden. Nie und nirgends hat sich unter jüdischen und muhamedanischen Völkerschaften die Cultur in Kunst- und Wissenschaft, in Gesetzgebung und Staatsordnung auf die Höhe emporgehoben, wie es in den durch das Christenthum civilisirten Staaten und Völkern der Gegenwart, vorzüglich des westlichen Europa, der Fall gewesen ist. Männer der umfassendsten und tiefsten Gelehrsamkeit, des scharfsinnigsten Denkens und Forschens, des reichsten poetischen und künstlerischen Schaffens, sind in grosser Anzahl als Vertreter und Förderer menschlicher Geisteskraft und Geistesschönheit erst seit dem Erscheinen und Walten des Christenthumes für die Erleuchtung und Beglückung des Menschengeschlechts thätig gewesen. Niemand, der nur etwas genauere Geschichtskenntniss besitzt, wird eine solche Vertretung und Förderung in gleichem Grade und Umfange im Judenthume oder im Muselthume nachweisen wollen. Das höhere geistige und sittliche Glück der Menschheit wirkt nur da in den weitesten Kreisen bis hinab in die untersten Schichten der menschlichen Gesellschaft, wo Gott nach der Lehre Jesu Christi im Geiste und in der Wahrheit angebetet wird.

Hiernach offenbaren die Religionen der Welt, besonders auch die des Judenthumes und des Islam in ihrem Verhältnisse zu dem Christenthume nach den wesentlichsten Beziehungen, nach Ursprung, Inhalt, Werth, Kraft und Wirkung eine so augenscheinliche Verschiedenheit, dass die Möglichkeit der Unterscheidung unzweifelhaft, die Gleichstellung mit dem Christenthume aber geradezu unbegreiflich erscheint. Das Märchen oder Gleichniss von den drei Ringen hat also in seiner Anwendung auf jene drei Religionen, insofern dadurch die Ansicht versinnlicht werden soll, dass die drei Religionen eben so wenig als jene drei Ringe zu unterscheiden seien, auch nicht den geringsten Werth. Es verdient daher auch seinem Inhalte nach keineswegs als Wahrheit und Weisheit, sondern nur, worauf es auch in seiner Quelle allein Anspruch macht, als List und Schlauheit des geizigen und wucherischen Juden Nathan oder Melchisedech eine mässige Bewunderung. Die wissen

Archiv f. n. Sprachen. XXXI.

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schaftliche Kritik ist der Probirstein, an dem die Wahrheit des Gleichnisses, wie die Aechtheit der Religionen zu prüfen ist, der Probirstein, den freilich nur Wenige besitzen, nur Wenige zu brauchen verstehen. Es freue sich aber ein Jeder, dass er ein Christ, nicht ein Jude oder gar ein Muselmann geboren ist, um so mehr, da es doch nicht so ganz als ausgemacht gelten kann, dass er ausser dem Christenthume und ohne das Christenthum gerade Lessing's Nathan oder Saladin geworden wäre. Zu Saladin aber wie zu Nathan sage ich mit dem Klosterbruder:

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Ihr seid ein Christ! Bei Gott, Ihr seid ein Christ! Ein bess'rer Christ war nie!

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Zu einer zusammenfassenden und vergleichenden Betrachtung der Leistungen Bacon's und Montaigne's veranlasst Mancherlei: die annähernde Gleichheit ihrer Zeitepoche, die Aehnlichkeit ihrer Stellung in der Geschichte ihrer Literatur sowohl wie die Aehnlichkeit der von ihnen behandelten Gegenstände und der Art der Behandlung. Uns hat noch ein besonderer Grund zum Ziehen einer solchen Parallele veranlasst. Bacon erscheint nämlich meistentheils in einer Gesellschaft, in die er nicht gehört. Darunter muss nothwendig sein Andenken leiden. Auch ein bedeutender Mann muss gering erscheinen, wenn der Maassstab, den man an ihn legt, ein allzuhoch gegriffener ist. Man braucht ihn nur in die rechte Verbindung zu bringen, so tritt die grosse Bedeutung des Mannes deutlich hervor. Die Engländer, zum Theil aus einer Art von Patriotismus, halten Bacon so ziemlich für das in Alterthum und Neuzeit unerreichte Ideal des Denkers, und meistens spricht man ihnen das nach. Nun ist aber Bacon nichts weniger, als ein speculativer Kopf, ein grosser Denker. Neben Plato, Aristoles, Des Cartes, Spinoza, ja nur gegen seine Landsleute Hobbes oder Locke nimmt er sich ziemlich schlecht aus. In einem ganz andern Lichte erscheint er, wenn man ihn in die Gesellschaft bringt, in die er gehört. Man muss eben Bacon nicht als den englischen Des Cartes, sondern als den englischen Montaigne betrachten. Wenn wir in diesem Sinne die beiden Männer zusammenstellen, so kann die gleiche geschichtliche Stellung in ihnen doch nur auf dem Boden einer durchgängigen Verschiedenheit des Wesens und der Gesinnung erkannt werden,

einer Verschiedenheit, an der eben sowohl persönlicher Charakter, als Nationalität und confessioneller Unterschied seinen Antheil hat.

Erinnern wir uns zunächst der hauptsächlichsten Bildungselemente der Zeit, in der beide Männer gelebt haben. Montaigne ist 1592 gestorben, Bacon 1626. Jene Epoche hat zwei ganz eigenthümliche Elemente: einerseits die Reformation und die durch sie in den meisten Ländern Europas, in England, wie in Frankreich hervorgerufenen Kämpfe, die in Frankreich mit dem Siege des Katholicismus, in England mit dem der Reformation enden; andrerseits das immer tiefere Eindringen der antiken Literaturen und der antiken Bildungselemente in das allgemeine Leben der Völker. Das Zeitalter der Reformation vollzieht den Bruch mit der Vergangenheit da, wo es auf religiösem Gebiete nicht geschieht, wenigstens auf dem der Wissenschaft. Wo die Kirche nicht fällt, fällt wenigstens die kirchliche Wissenschaft, die Scholastik, und an Stelle des Princips der Autorität, das in der Wissenschaft so lange geherrscht hatte, tritt die freie, eigene Forschung; an die Stelle der trockenen logischen Formel das Herz und das Gemüth mit seinen Bedürfnissen. Das, was man bis dahin allgemein geglaubt hatte, wird zweifelhaft und droht zusammenzustürzen. In Italien fügt man die Trümmer künstlich zusammen und sucht sie durch den wiedererwachten Geist der Antike neu zu beleben; in Deutschland bricht sich das Gemüth mit seinen tiefen Bedürfnissen Bahn in den Träumen der Mystiker und Theosophen. Was wird da der Franzose thun? Geistreich und gewandt, liebenswürdig und witzig wird er die Wildheit geistiger Strömung in dem stillen Bette der Betrachtung und des durch den gesunden Menschenverstand gemässigten Zweifels, der sich an den Dingen nicht eben tief innerlich betheiligt, verlaufen lassen. Und der Engländer? nun, der wird alles Frühere für unnütze Speculation, unfruchtbare Grübelei erklären und mit einem neuen System des Dogmatismus, das nur im Punkte des -Denkens äusserst schwach ist, darangehen, die Welt praktisch für sich zu erobern. Das sind im Wesentlichen die Standpunkte Montaigne's und Bacon's.

Das andere wichtigste Element jener Zeit ist der sich

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