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Vorrede.

Der er erste, welcher die Mahlerey und Poesie mit einander verglich, war ein Mann von feinem Gefühl, der von beyden Künsten eine ähnliche Wire. kung auf sich verspürte. Beyde, empfand er, stellen uns abwesende, Dinge als gegenwärtig, den, Schein als Wirklichkeit vor; beyde tåuschen, und beyder Täuschung gefällt.

Ein zweyter suchte in das Innere dieses Ge fallens einzudringen, und entdeckte, daß es bey beyden aus einerley Quelle fließe. Die Schönheit, deren Begriff wir zuerst von körperlichen Gegenstånden abziehen, hat allgemeine Regeln, die sich auf mehrere Dinge anwenden lassen; auf Handlungen, auf Gedanken, sowohl als auf Formen.

Ein dritter, welcher über den Werth und über die Vertheilung dieser allgemeinen Regeln nach

dachte, bemerkt, daß einige mehr in der Mahlerey, andere mehr in der Poesie herrschten; daß also bey diesen die Poesie der Mahlerey, bey jenen die Mahlerey der Poesie mit Erläuterungen und Beyspielen aushelfen könne.

Das erste war der Liebhaber; das zweyte der, Philosoph; das dritte der Kunstrichter.

Jene beyden konnten nicht leicht, weder von ihrem Gefühl, noch von ihren Schlüssen, einen unrechten Gebrauch machen. Hingegen bey den Bemerkungen des Kunstrichters beruhet das Meiste in der Richtigkeit der Anwendung auf den einzelnen Fall; und es wåre ein Wunder, da es gegen Einen scharfsinnigen Kunstrichter funfzig wißige ge geben hat, wenn diese Anwendung jederzeit mit aller der Vorsicht wäre gemacht worden, welche die Wage zwischen beyden Künsten gleich erhal ten muß.

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Falls Apelles und Protogenes, in ihren ver fornen Schriften von der Mahleren, die Regeln derselben durch die bereits festgesetten Regeln der Poesie bestätigt und erläutert haben, so darf man sicherlich glauben, daß es mit der Mäßigung und Genauigkeit wird geschehen seyn, mit welcher wir noch jezt den Aristoteles, Cicero, Horaz, Quinti

lian, in ihren Werken, die Grundfäße und Erfahrungen der Mahlerey auf die Beredsamkeit und Dichtkunst anwenden sehen. Es ist das Vorrecht der Alten, keiner Sache weder zu viel noch zu wes nig zu thun ".. &

Aber wir Neuern haben in mehrern Stücken geglaubt, uns weit über sie weg zu sehen, wenn wir ihre kleinen Luftwege in Landstraßen verwandelten; sollten auch die fürzern und sichrern Lands straßen darüber zu Pfaden eingehen, wie sie durch Wildnisse führen. 2

Die blendende Antithefe des griechischen Voltaire, daß die Mahlerey eine stumme Poesie, und die Poesie eine redende Mahlerey sen, stand wohl in keinem Lehrbuche. Es war ein Einfall; wie Simonides mehrere hatte; dessen wahrer Theil so einleuchtend ist, daß man das Unbestimmte und Falsche, welches er mit sich führt, übersehen zu müssen glaubt,

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Gleichwohl übersahen es die Alten nicht. Sondern indem sie den Ausspruch des Simonides auf die Wirkung der beyden Künste einschränkten, vergaßen sie nicht einzuschärfen, daß, ohngeachtet der vollkommenen Aehnlichkeit dieser Wirkung, sie dennoch, sowohl in den Gegenständen als in der

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gret iter διαφamung, (γλη και τρόποις μιμήσεως) verschieden wären.

Völlig aber, als ob sich gar keine solche Vers fchiedenheit fände, haben viele der neuesten Kunstrichter aus jener Uebereinstimmung der Mahlerey und Poesie die crudesten Dinge von der Welt ge schlossen. Bald zwingen sie die Poesie in die en« gern Schranken der Mahlerey; bald lassen sie die Mahleren die ganze weite Sphäre der Poesie füllen. Alles was der einen Recht ist, soll auch der andern vergönnt seyn; alles was in der einen gefällt oder mißfällt, soll nothwendig auch in der andern gefallen oder mißfallen; und voll von dieser Idee, spre chen sie in dem zuversichtlichsten Tone die seichtesten Urtheile, wenn sie, in den Werken des Dichters und Mahlers über einerley Vorwurf, die darinn bemerkten Abweichungen von einander zu Fehlern machen, die sie dem einen oder dem andern, nach. dem sie entweder mehr Geschmack an der Dichte kunst oder an der Mahleren haben, zur Last legen.

Ja diese Afterkritik hat zum Theil die Vir tuosen selbst verführt. Sie hat in der Poesie die Schilderungssucht, und in der Mahlerey die Allegoristerey erzeugt; indem man jene zu einem redenden Gemählde machen wollen, ohne eigentlich zu

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